Gefahren des Extremismus

 Gerwin Udke

 

Die aktuellen Abläufe sind einerseits Anlass für mehr Ängste vor wachsenden Konfliktpotenzialen in der Welt, vor weiteren sozialen Verschlechterungen, vor weiterer Ausgrenzung und Altersarmut. Angesichts wachsender Proteste gegen Restriktionen gibt es andererseits aber immer mehr auch Anlass für Genugtuung und Zuversicht.

So wächst die Anzahl derjenigen, die nicht immer nur meckern, sondern nach Alternativen suchen. Darunter auch von Menschen, die zum Beispiel bei Wahlen ihren Protest gegen die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich und gegen Neonazis dadurch zum Ausdruck bringen, dass sie links wählen. Damit können sich neue Möglichkeiten eröffnen, Schritt für Schritt das tradierte Parteiengefüge in der Bundesrepublik zu verändern, von den regierungsoffiziellen Verlautbarungen abweichende Standpunkte zu artikulieren, also eben auf die gegenwärtig die Macht Ausübenden Druck zu machen.

 

Aufatmen und Freude über diese Entwicklungen darf aber nicht dazu verleiten, die sich weiter zuspitzende tatsächliche Situation zu verkennen. Auf der einen Seite lebt die Mehrheit der Deutschen gegenwärtig nachweislich – krass im Unterschied zu Kriegen, extremer Armut und Elend in anderen Teilen der Welt – in relativer Sicherheit und Wohlstand. Auf der anderen Seite verschärfen sich aber auch hierzulande als Reaktion auf zunehmende Bedrohungen und Benachteiligungen für viele Zehntausende die Gegensätze zwischen Arm und Reich, zwischen Oben und Unten, zwischen Machtausübenden und Ausgegrenzten. Es artikulieren sich aber auch hierzulande in diesem Kontext immer mehr extremistische Positionen.

Daraus können erhebliche Gefahren für weite Bereiche der Gesellschaft erwachsen.

 

– Die historischen Erfahrungen lehren: Die Zunahme sozialer Ungerechtigkeiten bei wachsendem Wohlstand für die ökonomisch Mächtigen darf nicht einfach widerspruchslos als „unabwendbar“ hingenommen werden. Erforderlich ist radikale Kritik zunehmender sozialer Ausgrenzungen. In gleichem Maße wächst aber auch die Verantwortung der radikalen Kritiker unsozialer Entwicklungen dafür, dass die Verärgerung und der Frust Benachteiligter nicht lediglich Wasser auf die Mühlen von Extremisten leiten. Schonungslose Kritik unsozialer Entwicklungen – das ist das eine. Das andere ist, dass verhindert werden muss, dass Extremisten Ausgegrenzte dazu anstacheln, ihren Frust in unkontrollierbaren Gewaltexzessen zu entladen. Solche Aktionen werden in der Regel auf dem Rücken und zum Nachteil der Mehrheit des Volkes und der nachkommenden Generation ausgetragen.

 

– Auf Grund der um sich greifenden Verärgerung über Verunsicherungen, Gefährdungen und Sozialabbau in Teilen der Bevölkerung verschieben sich – wie bereits angedeutet – mancherorts Wahlproportionen zugunsten von mehr Links-Wählern. Diese erfreuliche Entwicklung kann zum Aufbrechen der überkommenen verkrusteten Strukturen der „Volks-Parteien“ in der Bundesrepublik beitragen.

Bei manchen euphorischen Wahlbetrachtungen sowohl von Seiten der Alt-Parteien als auch der neuen LINKEN wird dabei aber übersehen bzw. davon abgelenkt, dass sich auf dem Boden und im Rahmen des bundesrepublikanischen Wahlparlamentarismus insgesamt schrittweise gewichtige neue, äußerst problematische Konstellationen ausbilden:

Die Haupttendenz des Wahlverhaltens in der Bundesrepublik wird immer mehr dadurch bestimmt, dass kontinuierlich und unaufhaltsam vor allem die Zahl der Nichtwähler steigt. Ein zahlenmäßig immer größerer Teil der Gesamtbevölkerung geht aus Frust über entstandene Zustände überhaupt nicht mehr zu Wahl; und das zunehmend sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland. Den mit Abstand größten prozentualen Anteil der insgesamt Wahlberechtigten stellt zwischenzeitlich weithin die „Partei der Nichtwähler“. Und dadurch, dass Hunderttausende überhaupt nicht mehr zur Wahl gehen und nicht mehr an Prozessen öffentlicher Willensbildung teilnehmen, verschiebt sich zwangsläufig erheblich das reale gesellschaftsrelevante Gewicht der Wahlstimmen für die einzelnen Parteien.

Man würde sich etwas vormachen, es wäre trügerisch und irreführend, wenn man mit Bezug auf formal errechnete Stimmenzuwächse und so errungene Mandate und Ämter zu „weitergehenden Aktionen“ aufrufen wollte. Es ist nun einmal so: Ein wirklich aussagekräftiges Bild zu den realen Kräfteverhältnissen ergibt sich erst, wenn die Anzahl der für einzelne Kandidaten bzw. Parteien abgegebenen Stimmen ins Verhältnis zur absoluten Zahl der insgesamt Wahlberechtigten gesetzt wird. Letztlich können nur dieserart realistische Wahlauswertungen auf den Boden der harten Tatsachen zurückführen und realisierbare weiterreichende Programmzielsetzungen ermöglichen.

Alle politischen Akteure sind gehalten, ihre Anhänger nicht mit (zumindest) beschönigenden Hochrechnungen zu jeweils eigenen Gunsten und dem Verweis auf errungene eigene Mandate und Ämter bei Laune zu halten. Sondern eben aus der tatsächlichen Entwicklung in den maßgebenden Bevölkerungs-Strukturen und -Verhaltensweisen Schlussfolgerungen zu ziehen, die es ermöglichen, parlamentarisch-demokratische Grundkonstellationen aufrecht zu erhalten, zu festigen und dann ggf. Schritt für Schritt neu zu gestalten .

Beschönigende Wertung von Wahlergebnisse hierzulande unter den Konstellationen des hier derzeit gegebenen Wahlsystems – das ist irgendwie ein Moment hier mancherorts zunehmend zu beobachtender nationaler Links-Euphorie. Das scheint irgendwie die Kehrseite davon zu sein, dass bei der Beurteilung der gegebene Situation in Deutschland zuweilen nicht wirklich „über den eigenen Tellerrand“ hinaus gesehen wird. Dass die Situation hier regelrecht losgelöst betrachtet wird von der Lage der unsagbar extremer Benachteiligten in großen Teilen dieser Welt. Und dabei zugleich ja auch irgendwie abgehoben von der Realität der andernorts in vielen Gegenden Europas gefährlich zunehmenden rechtspopulistischen Bewegungen.

 

– Neben der berechtigten Freude und Genugtuung über gewonnene linke Wählerstimmen und Mandate muss doch auch viel stärker ins Blickfeld rücken, dass außer der stetig größer werdenden Zahl der Nichtwähler und zugleich eben gerade im Kreis dieser Nichtwähler in Deutschland auch hier Land auf Land ab die Anzahl derjenigen bedrohlich wächst, die aus Verärgerung über Benachteiligung und Ausgrenzung mit extremistischen, darunter vor allem neonazistischen Kräften sympathisieren.

Parallel zu den selbstbewussteren Forderungen z. B. der Gewerkschaften zum Abbau von Benachteiligungen für einzelne Gruppen von Arbeitnehmern formieren sich extremistische neonazistische Kräfte, die ihrerseits um breitere Akzeptanz in der Bevölkerung und bei Wählern buhlen. Landesweit organisieren sich ganz provokativ – oder eben oft gerade auch in taktisch veränderten Aktionsformen möglichst ganz unauffällig und außerhalb der verfassungsgemäßen Strukturen – immer mehr vor allem junge Menschen in rechtsextremen Initiativen, Klubs und Kameradschaften. Andere wählen bereits ganz offen und gezielt rechts, wie zum Beispiel NPD, siehe M/V.

Für jeden, der sich nüchtern mit den tatsächlichen Fakten auseinandersetzt, ist unübersehbar: Schritt für Schritt etabliert sich in der Bundesrepublik eine neue Qualität von Extremismus. Es wäre allein ein weiteres Anzeichen für Naivität, wollte man diese Entwicklungen klein reden oder unterschätzen. Es wächst die Gefahr, dass alle und jede populistische radikal-kritische Rede von fremdenfeindlichen und gewaltbereiten Leuten aufgegriffen werden. Dass aus Alltagssituationen heraus Eskalationsprozesse ausgelöst bzw. befördert werden, die über kurz oder lang das friedliche, demokratische Zusammenleben aushebeln können. Mancherorts eskalieren bekanntlich bereits geringfügige, von einzelnen provozierte bzw. spontan aufflammende Konfliktsituationen zu schweren Gewalttaten. Und die beamteten Ordnungshüter sind natürlich damit beschäftigt und ausgelastet, wenn sie mit dem zutiefst fragwürdigen Verweis auf „Gewährleistung der Meinungsfreiheit“ neonazistische Aufmärsche gegen sich organisierende Proteste absichern.

 

Jeder, der beim Nachdenken über mögliche Alternativen zu den Machenschaften des Turbo-Kapitalismus und zur zunehmenden Vertrauenskrise der Kapital-Demokratie die akut drohenden extremistischen Gefahren ignoriert, sollte sich dringend genauer in Dörfern und Städten in den sich entvölkernden Regionen der neuen Bundesländer umsehen, insbesondere in Mecklenburg/Vorpommern, Sachsen/Anhalt und Brandenburg. Und zwar nicht nur anlässlich speziell abgesicherter Veranstaltungen, zum Beispiel zur Wahlvorbereitung, sondern an ganz gewöhnlichen Tagen bzw. Abenden, eben: alltags.

Da kann man dann nicht (mehr) übersehen, dass ostdeutsches Alltagsleben immer mehr von frustrierten und zugleich latent immer mehr auch gewaltbereiten Extremisten regelrecht unterwandert wird. Im Umfeld von Langzeitarbeitslosigkeit, von ungeordneten bzw. zerbrechenden Familien- und anderen sozialen Beziehungen, von Langeweile im Alltag, Aussichtlosigkeit, Alkoholismus usw. können erlittene Benachteiligungen oder Ausgrenzungen extremistische Gewaltaktionen auslösen, die sich zu Eskalationsprozessen zwischen den verschiedenen Gruppierungen Gewaltbereiter hochschaukeln.

Und insbesondere in diesem Zusammenhang kann dann auch jeder erkennen, welche verheerenden Auswirkungen es langfristig hat, dass ein Großteil der engagierten und besser qualifizierten Jugendlichen aus Ostdeutschland nach Westen abgewandert ist – eine Problematik die in programmatischen Überlegungen links-alternativer Kräfte bisher unverständlicherweise weitgehend ausgespart bleibt.

 

–Voll und ganz berechtigt ist heutzutage immer öfter die Rede von „Nicht-mehr-gefallen-lassen“, vom notwendigen Aufbegehren und auch von „Politikwechsel“ usw. Dabei hört man zuweilen auch, die Zeit sei reif zu flächendeckenden unangekündigten unbefristeten Massenstreiks, zu politischen Streiks, zum „Generalstreik“ und anderen spektakulären Aktionen.

Mit solchen Stichworten wird Benachteiligten und Ausgegrenzten womöglich ein Ventil geöffnet, wie sie ihre Verärgerung zum Ausdruck bringen könnten. Gefährlich wird es aber dann, wenn bei solchen Reden außen vor bleibt, welche Auswirkungen solche Aktionen heutzutage auf die verfassungsmäßigen Grundstrukturen der Gesellschaft und vor allem, welche negativen Auswirkungen sie de facto für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung haben und haben können.

 

Derartige Proteste und Aufrufe zum „Generalstreik“ heute sind in der Regel nur geeignet, die Machthaber hellhörig zu machen und anzustiften zur Perfektionierung ihrer Herrschaftsausübung. Sie helfen meines Erachtens wenig in Richtung tatsächlicher Veränderungen, wenn nicht eindeutig vorher gesagt werden kann; was denn tatsächlich danach kommen soll. Wenn nicht klare Vorstellungen darüber bestehen, wie, das heißt auf welchen Wegen tatsächlich positive Veränderungen im Interesse nicht nur einzelner Bevölkerungsgruppen oder -Grüppchen, sondern eben – und allein darum kann es doch letztlich nur gehen – für die Mehrheit der Bevölkerung durchgesetzt werden können. Und vor allem: Wer, das heißt: welche real zur Bewerkstelligung gangbarer Alternativen qualifizierten Kräfte positive Veränderungen nicht nur für einzelne, meist exklusive, zahlenmäßig kleine Interessengruppen, sondern eben für die Mehrheit des Volkes erreichen können.

 

In diesem Zusammenhang macht es betroffen, wenn einzelne, die heute öffentlich euphorisch ihre Stimme für „Generalstreik“ u. ä. erheben, bestehende historische Parallelen nicht sehen, bzw. wohl einfach nicht sehen wollen. Es macht betroffen, wenn verbal von „Deutung der Geschichte“ die Rede ist, aber den einfachen Leuten gegenüber und insbesondere gegenüber den Angehörigen der jüngeren Generationen, die unvorbelastet sind, einfach darüber hinweggegangen wird, welche Lehren und Schlussfolgerungen aus den Abläufen Anfang der 1930er Jahre in Deutschland bis hin zum „Ermächtigungsgesetz“ für die Nazis zu ziehen waren.

 

Es sei hier nur an ein Beispiel erinnert, das veranschaulicht, wie es damals angefangen hat:  

Im Herbst 1932 hatte die BVG in Berlin zur Überwindung der Folgen der Wirtschaftskrise die Kürzung der Stundenlöhne ihrer Beschäftigen angekündigt, nachweislich de facto um zwei Pfennige.

Dagegen sind die aufgebrachten Massen vor den Reichstagswahlen am 6. November 1932 von links und rechts zum Massenstreik aufgeputscht worden.

Für diesen – im Grundanliegen erst einmal  natürlich völlig berechtigten – Streik hatte es im Vorhinein keine Mehrheit der Arbeitnehmer gegeben. Dennoch eskalierten die von der KPD und den extremen Rechten, der NSDAP, geschürten Streikaktionen der gewaltbereiten Massen zu den dramatischen Straßenschlachten am sog. „Roten Freitag“ – mit bekanntlich vier von der Polizei Erschossenen und hunderten Verletzten.

Die Wahlen am 6. November brachten in Berlin Stimmengewinne für die KPD,  aber eben auch für die NSDAP. Der von beiden Lagern angefachte Streik endete dagegen sang- und klanglos am darauffolgenden Tag; die zwei Pfennig Lohnkürzung blieben. ... Nur wenige Monate später haben 1933 die Nazis „ganz legal“ auf dem Wege von Wahlen auf der ganzen Linie gesiegt – mit den allseits bekannten Folgen.

Es drängt sich zuweilen der Eindruck auf, dass manch einer, der heute die eine oder andere Vorstellung äußert, wie man jetzt wieder aus der in den letzten beiden Jahrzehnten entstandenen historischen Situation heraus kommen könnte, einfach die historische Fakten und zugleich die eingetretenen Veränderungen, vor allem die gegebenen realen Kräfteverhältnisse nicht zur Kenntnis nehmen will. Gewiss aus Enttäuschung über die jüngste vollzogenen Abläufe irgendwie zu begründen, beharren einzelne auf traditionellen Ansichten über Kampfinhalte und -formen. Diese sind jedoch heutzutage angesichts der veränderten Macht- und Kräfteverhältnisse nach dem Untergang des Realsozialismus weitgehend überholt. Sie sind unter den gegebenen Konstellationen nicht geeignet, aus der entstandenen Lage herauszuführen, sondern liefern gerade im Gegenteil den Machtausübenden willkommene Vorwände für noch schärfere Restriktionen. Und zwar eben nicht nur gegenüber Einzelnen, sondern gegen die Mehrheit der Bevölkerung, gegen die immer wieder zitierte und ganz reale „gesellschaftliche Mehrheit“.

Das euphorische Wiederholen einiger traditioneller Kampflosungen kann bei Leuten auf der Straße, die die Sachzusammenhänge nicht einschätzen können, unreale, d. h. gefährliche Illusionen wecken. So können unter bestimmten Umständen sehr schnell Alltagssituationen im öffentlichen Raum zu Zuspitzungen und nicht mehr kontrollierbaren Gewaltaktionen eskalieren. Man kann und muss in diesem Zusammenhang nur immer wieder mit aller gebotenen Eindringlichkeit wiederholen: Seit 1990 sind in Deutschland bereits 136 Menschen als Opfer rechter Gewalt umgekommen!

 

– Wenn man heute sich Sorgen macht über Radikalisierung und Zuspitzung extremistischer Positionen, wenn man auf möglicherweise drohende Gefahren verweist, dann wird zuweilen entgegnet: „Lass man, Du weißt doch, Geschichte wiederholt sich nicht. Und schon gar nicht derart, wie sie schon einmal abgelaufen ist...“

Eine solche Argumentation heute soll wohl beruhigen, vielleicht auch Zuversicht verbreiten für neue Aufbrüche. Sie, eine solche Argumentation, ist aber letztlich allein geeignet, abzulenken von der nüchternen Beurteilung der gegebenen Sachlage. Das ist Argumentation im Sinne von Sich-etwas-Vormachen. Was raus kommt, stehe jetzt nicht zur Debatte. Dafür sind wir ja nicht verantwortlich.

 

.Gegenden Hinweis auf extremistische Gefahren heute und morgen verweisen manche in diesem Zusammenhang weiter zuweilen auch als „Argument“ auf das Schicksal von Otto Lilienthal: Lilienthal, der seinerzeit den Grundstein für das Flugwesen der Neuzeit gelegt hat, ist bei seinen Flugversuchen zu Tode gestürzt. Nun sagt man heute, das sei sozusagen ein Opfertod im Dienste des technischen Fortschritts gewesen. Und bezogen auf diesen Opfertod von Lilienthal im Dienste des Fortschritts ist dann zu hören:

So schlimm das ist – zu jeder Zeit müssen immer auch Unschuldige sterben, damit große Ziele erreicht werden können. Das sei nun einmal „der Lauf der Geschichte“.

Eine solche Argumentation ist nicht zeitgemäß, sie ist abwegig.

Viel mehr: Angesichts zum Beispiel der ablaufenden Szenarien im Kampf gegen den Terrorismus ist solche Rede heute schlicht verantwortungslos. Von solcherart Ansichten ist es doch de facto nicht sehr weit sowohl zu rechts-konservativen als auch -extremistischen Positionen im sog. „Kampf gegen den Terror“.

 

Im Streit darüber heißt es dann zuweilen: „Du willst also, das alles so bleibt!“...

Davon kann aber natürlich überhaupt nicht die Rede sein.

Notwendig ist radikale Kritik unsozialer Entwicklungen, notwendig ist entschiedener Protest gegen Neonazis usw. Aber zu warnen ist vor einer einseitigen, regelrecht gebrochenen Spiegelung der gegebenen Realitäten. Zu warnen ist vor dem Aufheizen frustrierter Leute zu Radikalismus, zu extremistischen Ansichten und extremistischem Verhalten, ohne mögliche nachteilige Folgen im Blick zu haben. Mit anstachelnden und aufheizenden Reden allein können Illusionen genährt, es können bei so manchen „kleinen“, von den historischen Abläufen betrogenen Leuten trügerische Hoffnungen erweckt werden. Hoffnungen, die de facto bei den gegebenen Kräfteverhältnissen in absehbarer Zeit aber schwerlich zu realisieren sind. So können Kräfte für das erforderliche „Bohren der harten Bretter“, die rundherum aufgetürmt sind und die erst einmal wieder in beharrlicher Kleinarbeit in und außerhalb parlamentarischer Gremien Schritt für Schritt zurückgebaut, die erst einmal wieder weggeräumt werden müssen, regelrecht aufgerieben werden. Nachhaltige positive Änderungen für die gesellschaftliche Mehrheit können dabei schwerlich durch euphorisch vorgetragene, extrem-radikale Abgrenzung, sondern letztlich nur in einem möglichst breiten Bündnis mit allen demokratischen Kräften erreicht werden, die nach Alternativen zu den aktuellen Entwicklungen suchen.

Das heißt eben, und das kann nur immer deutlich wiederholt werden:

Es sind intelligente Konzepte erforderlich, Konzepte, die über einerseits glückliche und zu recht zu feiernde Wahltage sowie andererseits über exklusive Protestaufrufe gegen die Machtbesitzer hinausreichen.

 

April 2008